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Das Kreuz mit dem Vereinsbeitrag

Gerade in dieser schwierigen Zeit benötigen unsere Vereine jeden Cent. Die meisten Vereinsmitglieder haben begriffen, dass jetzt Solidarität angesagt ist – natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel… Das erinnert mich an einen besonderen Dialog, den ich vor der Coronakrise genießen durfte:

 

Neulich auf dem Sportplatz: Ich schaute mir ein Fußballspiel an, da höre ich die liebliche Stimme eines Herrenspielers, wie er zu einem anderen sagt: „Ich finde den Vereinsbeitrag von 15 Euro im Monat aber ganz schön hoch, in meinen alten Verein habe ich nur 12 Euro bezahlt.“ Sofort schwoll mir der Kamm an, ich stand auf, ging zu dem jungen Mann und rechnete ihm ruhig und sachlich vor: „Deine 15 Euro im Monat bei 8-mal Training und 4 Spielen bedeuten pro Einheit 1 Euro 25. Davon werden die Trainer, das Flutlicht, das Wasser, der Strom, die Platzpflege, die Putzfrau, ja, auch die Bälle, der Schiedsrichter, ein Teil der Trainingsanzüge und Trikots bezahlt – geschweige von Umbauten und weiteren Materialbeschaffungen. Um es deutlich zu sagen: Wenn das Flutlicht angeht, dann ist Dein Vereinsbeitrag weg! Ginge es nach mir, dann würde jeder Herrenspieler 50 oder 100 Euro im Monat zahlen.“ Große Augen auf der anderen Seite, Antwort: „So habe ich das noch gar nicht gesehen.“ Meine Antwort: „Deshalb habe ich es erklärt.“

 

Das Thema Vereinsbeitrag zieht sich wie ein roter Faden durch alle Klubs. Die Kosten der Vereine steigen, überall wird im Alltag mehr verlangt, nur der Beitrag liegt immer noch im Jahr 1970 – wir leisten ja ehrenamtliche Arbeit! Eine Flasche Mischer nach dem Spiel für 30 Euro – kein Problem! Eine Kiste Bier für 25 Euro – Prost! Und am Wochenende in der „Disse“ sitzt der Euro auch recht locker. Doch beim Beitrag ist das Portemonnaie plötzlich ganz klamm ... Und soll der Beitrag um 1 oder 2 Euro nach gefühlten 50 Jahren erhöht werden, dann gibt es im Vorfeld endlose Diskussionen und Rechenexempel, wie man den Beitrag angemessen anpassen kann, sodass niemand sich gezwungen sieht den Verein zu verlassen.

 

Noch schöner ist es bei den Kindern: 6 oder 8 Euro im Monat, das sind bei vier Mal Training und vier Spiele satte 1 Euro pro Einheit. Während die Musikschule 25 Euro und der Englischunterricht 30 Euro im Monat kosten (wohlgemerkt für 4 x 45 Minuten im Monat), auch für Tennis, Reiten oder Musikunterricht ordentlich bezahlt wird, ist die Tätigkeit der Vereine pro Stunde nur 1 Kugel Eis wert. Problem: 15 Kinder zahlen 90 Euro in die Vereinskasse, ein Jugendtrainer erhält 10 Euro pro Trainingsstunde = 40 Euro/Monat; da es zwei Trainer gibt, kommen da 80 Euro zusammen – schade, die Spiele, endlosen Hallenturniere, Fahrten mit dem eigenen Auto ... werden nicht bezahlt – wovon auch? Und wenn zwei Mal in der Woche je 90 Minuten trainiert wird – richtig, dann macht der Verein im Monat 40 Euro Miese! 

Und woher kommt das Geld für die Anschaffungen wie Bälle, Leibchen, Trikots oder Trainingsanzüge? Richtig, das organisieren die Ehrenamtlichen! Bleibt die Frage zu stellen: Was ist die ehrenamtliche Tätigkeit wert – und wie soll man jemanden dafür begeistern, wenn man nicht einmal seine eigenen Kosten herausbekommt?! Überall das gleiche Stöhnen: „Wir finden keine Jugendtrainer, niemand hat Zeit!“ Genau, warum sollte jemand sich die Zeit nehmen? Und trotzdem stellen sich so viele Menschen auf den Platz, geben alles, damit die Kinder Spaß haben, sie verzichten auf das Trainergeld, kaufen dafür nach einem Spiel lieber Getränke oder Eis. 

Apropos Eis: Vor einigen Tagen saß ich in einer Eisdiele, sah eine Jugendmannschaft, deren Trainer allen Kids zu 2 große Kugeln Eis einlud. Auch die Eltern schleckten genüsslich Eis. Neunzig Prozent der Kinder waren nach der Portion satt, nur ein junge nicht, der bekam von seiner Mutter noch zwei Kugel gekauft, die er natürlich nicht schaffte. Im gleichen Atemzug der Bestellung sagte die Mutter: „Ich finde ja, der Vereinsbeitrag von 8 Euro im Monat ist zu hoch ...“ Ich zuckte, wollte schon aufstehen und meine Rechnung vorpredigen, aber ich habe es gelassen. Denn wie soll man solchen Leuten noch etwas erklären?