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Da stiefelt er vom Platz, 0:7 verloren - Wut, Enttäuschung, Scham und Hilflosigkeit im Blick, ja, auch etwas Hass. Die Schlagader am Hals pulsiert, der Tag, die Nacht und die Woche bis zum nächsten Spieltag sind gelaufen. Nur ein falsches Wort, nur eine falsche Geste eines Spielers oder Zuschauers, dann läuft das Fass über. Ab in die Kabine, die Tür zuknallen, den Puls runter bringen, tief durchatmen, bloß nicht persönlich oder laut werden, auch wenn es der eigenen Seele gut tun würde. Einziger Satz: „Männer, wir sehen uns Dienstag beim Training!“ Raus aus der Kabine, der Puls ist immer noch bei 240,  eisiger Blick – da hilft nur ein Kaltgetränk. Nach zwei Kaltgetränken geht es, aber das Pulverfass würde bei einer klitzekleinen Flamme hoch gehen. Einige Spieler können schon wieder lachen, wie kann das sein? Nach einer Stunde Abfahrt nach Hause, laute Musik im Auto und starrer Blick auf die Straße – der Puls ist immer noch bei 180 – die Nacht wird wieder die Hölle werden...

Ja, so sah es aus, wenn ich als Herrentrainer ein Spiel verlor, auch bei einem 1:2 sah es nicht viel anders aus. Wenn ich heute die Trainer oder andere Ansprechpartner 15 Minuten nach einem Spiel anrufe, das Ergebnis schon weiß, dann muss ich manchmal schlucken, denn mich hätte niemand nach einer Niederlage anrufen können, ich wäre wahrscheinlich explodiert! Ich ziehe immer wieder den Hut davor, mit wie viel Ruhe und Respekt meine Fragen beantwortet werden – es zeigt Größe, die ich damals aus der Emotion heraus nicht besaß, wenn man sich auch nach Niederlagen stellt – wer das kann, dem zolle ich meinen allergrößten Respekt!

Exemplarisch für diese Größe steht für mich Bruno Schleiss, Trainer des Bezirksligisten TuS Barendorf. Eine satte 0:7-Klatsche im Derby beim SV Wendisch Evern – und trotzdem beantwortet er die Fragen für ein Interview, bleibt sachlich, auch kritisch, er fordert, analysiert hart und stärkt seinem Team weiterhin den Rücken. Ja, eigentlich wollte er keine Fragen beantworten, deshalb bewundere ich diesen Charakterzug umso mehr!

Ich danke allen Verantwortlichen, die nach einem Match den Hörer abnehmen, etwas schreiben oder ein paar Tage später Fragen beantworten – ich sehe das nicht als selbstverständlich an. Wäre es nicht so, dann würde es luenesport.de nicht seit 2005 geben, das ist mir sehr bewusst!